von Willebrand – wirklich neue Erkenntnisse?

von Willebrand – wirklich neue Erkenntnisse?

Neue Ergänzung zum Beitrag unten

Nachdem in den letzten beiden Wochen zahlreiche Hundehalter und Züchter persönlich von Frau Britta S. angeschrieben worden sind und das Labor Feragen sowie Frau Birgit T. zahlreiche Statements dazu abgegeben haben, müssen nun auch wir als Vorstand des RZV uns zu dem Thema vom Willebrand (wieder mal) äußern. Übrigens gehörten wir nicht zum Verteiler der o.g. Personen, sondern durften erst durch Hörensagen von der derzeit laufenden Kampagne erfahren – schlussfolgern kann jeder selbst.

Voller Interesse haben wir die Veröffentlichung von Feragen sowie das Informationsblatt von proKormfohrländer e.V. gelesen, schließlich war das Thema in den letzten 12 Monaten und seit unserer damaligen Stellungnahme nicht mehr existent.

Auffallend waren auf den ersten Blick bereits die Widersprüche hinsichtlich der Vererbung sowie die Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Zucht. Beim zweiten Lesen haben wir uns das Datenmaterial und die Herleitung der (angeblichen) Validierung angesehen. Als auch noch Zweifel an der Datenbasis aufkamen, haben wir die Unterlagen an wissenschaftliche Forschungsinstitute mit der Bitte um Prüfungen weitergeleitet. Die Antworten bestätigen die aufgekommene Skepsis.

Nachfolgend wollen wir nur die wesentlichen Punkte benennen:

  • Die Arbeit von Julia Segert, Jana-Marie Seidel (beide Angestellte bei Fa. Feragen), Walter Wurzer (Eigentümer von Fa. Speciality Pharma Service Austria e.U.) und Anja Geretschläger (Eigentümerin von Fa. Feragen GmbH) zeigt Defizite hinsichtlich der Quellenangaben, der Datenbasis, der Angaben und der Darstellung von Ergebnissen sowie der Schlussfolgerungen.
  • Wiedersprüche zu früheren Veröffentlichungen werden nicht genannt und besprochen.
  • Die Ableitung des Erbgangs ist spekulativ, ebenso könnte man hier z.B. einen komplex, semidominanten Erbgang annehmen oder einen Erbgang ganz in Frage stellen.
  • Aus der Studie lassen sich keine brauchbaren Empfehlungen für eine ernsthaft betriebene Zucht herleiten.
  • Die Anzahl und Herkunft mit 87 Hunden (überwiegend von proKromfohrländer e.V.) berücksichtigt nicht annähernd die Gesamtpopulation und macht Allgemeinaussagen per se unmöglich.
  • Die Studie stellt die Aussage der als Vergleichsmethode herangezogenen Prüfung des von-Willebrand-Faktors in Frage und begründet sich wesentlich auf die Auswertung einer Umfrage. Die darin enthaltenen Angaben können aber bestenfalls als subjektiv eingestuft werden, wenn nicht sogar als durch die Fragestellung beeinflusst.
  • Es fehlen Angaben zum Genotyp mit klinischen Bild und von klinischer Relevanz, eine Korrelation mit klinischer Problematik fehlt (d.h. wie viele Hunde haben objektiv klinisch relevante, nachgewiesene Probleme mit Gerinnungsstörungen, bereinigt um andere Ursachen).
  • Im Infoblatt der proKromfohrländer e.V. werden die Begriffe Anlagen- und Merkmalsträger durcheinandergebracht.
  • Das Labor gibt unter Interessenkonflikt (competing interests) an, dass es den Test an Züchter, Hundebesitzer und Tierärzte verkaufen will.

Bitte haben Sie Verständnis, dass wir nicht auf alle Punkte eingegangen sind und auch die wesentlichen Punkte nicht in der gewohnten Ausführlichkeit beschrieben haben, doch auch unsere Zeit ist begrenzt und irgendwann hat man auch keine Lust mehr, sich immer wieder mit irgendwelchen unhaltbaren Behauptungen zu beschäftigen, die solange behauptet werden, bis sie so mancher glaubt (ein Phänomen, das sich weltweit leider immer mehr ausbreitet).

Trotzdem möchten wir uns für die „Studie“ bedanken, denn sie zeigt, dass dieser Gentest keinen wirklichen Nutzen für den Hundehalter und für die Zucht hat. Anhand des Befundes kann der Hundebesitzer keine Rückschlüsse auf das Gerinnungsverhalten seines Vierbeiners ziehen. Unterstellt man die Richtigkeit der Ergebnisse der „Studie“ hinsichtlich des Vorhandenseins des Alternativgens sowie den angenommenen dominanten Erbgang, so müsste die überwiegende Mehrheit der Hunde Symptome zeigen. Sorry, da gab es noch die „unvollständige Penetranz“. Damit lässt sich alles erklären und beweisen (entschuldigen Sie den ironischen Ton)…, stellt aber gleichzeitig alle Behauptungen wieder in Frage.

Schlussendlich ergibt die „Studie“ keine Korrelation mit einer klinischen Problematik in der Rasse des Kromfohrländers. Aber wo es keine nennenswerte Problematik gibt, kann es auch keine Korrelation geben. Es werden weiterhin haltlose Behauptungen verbreitet und aufrechterhalten, die anhand von seit über 20 Jahren stattfindenden Gesundheitsumfragen leicht zu wiederlegen sind und auch nicht den Beobachtungen in den skandinavischen Ländern entsprechen.

Leider kommen wir zu der Auffassung, dass die immer wieder gleichen Personen trotz zahlreicher Widerlegungen (siehe u.a. AIHA) die Rasse des Kromfohrländers offensichtlich gerne mit rassespezifischen Krankheiten behaftet sehen würden und sich mit der Realität nicht abfinden können. Zur Zielerreichung nutzen sie auch die Hilfe von Laboren, die jedoch vorrangig ihre kommerziellen Interessen verfolgen und bei denen die Zucht oder das Wohl der Rasse nicht im Vordergrund stehen.

Was bleibt: Die Validierung beschränkt sich auf den Nachweis des Alternativgens, eine Validierung hinsichtlich einer Erkrankung beim Kromfohrländer ist weiterhin nicht gegeben. Der Vorgang ist eine Werbekampagne für den Gen-Test sowie der erneute Versuch von einigen Personen, sich auf Kosten der Rasse ins Lampenlicht zu stellen.

Zur Verdeutlichung: unter den derzeit (Stand 02.06.2019) 2991 im Verantwortungsbereich des RZV lebenden Kromfohrländern sind DREI mit Bluterkrankung (Blutungsneigung mit Verdacht auf vWD1) gemeldet.

Demzufolge hat der Erweiterte Vorstand des RZV am 02.06.2019 folgendes beschlossen:

Auf Grundlage der vorliegenden Informationen kann der Test auf vWD1 vom RZV derzeit nicht empfohlen werden.

Über ggf. weitere und aktuelle Entwicklungen zu diesem Thema informieren wir Sie auf unserer Homepage und der Facebook-Seite.

Ihr Vorstand

P.S. siehe auch Artikel zu von-Willebrand im WUFF 01/2018 bzw. auf unserer Homepage vom 02.03.2018.



Liebe Mitglieder des Rassezuchtvereins der Kromfohrländer e.V.,
liebe Leser,

die Infragestellung unserer Kritikpunkte an der Studie zu vWD1 (siehe unsere Beitrag vom 04.06.19) und an unseren Schlussfolgerungen können wir heute endgültig beenden.
Die in der Studie unter Punkt 14. in der Referenzliste genannte Quelle OMIA (Online Mendelian Inheritance in Animals, the University of Sidney) hat zwischenzeitlich offiziell Stellung bezogen: https://omia.org/OMIA001057/9615/

Darin ist zu lesen:

„Segert et al. (2019) showed that the c.7437G > A variant is only partially associated with the disorder in the Kromfohrländer breed, and is not, therefore, a reliable marker in this breed.“

Frei übersetzt: Segert et al. (2019) (unsere Bemerkung: die Studie der Fa. Feragen, die mit Unterstützung von proKromfohrländer erstellt worden ist) zeigten, dass die Variante c.7437G> A nur teilweise mit einer angenommen Störung bei der Kromfohrländer-Rasse in Verbindung gebracht werden kann und sie ist daher kein verlässlicher Marker für diese Rasse.

Somit ist geklärt, dass den Behauptungen im Merkblatt „ProKromfohrländer e.V. informiert“, wonach „der DNA-Test auf von-Willebrand nunmehr auch für die Kromfohrländer validiert sei“, die Grundlage entzogen ist.

Wir werden dies zum Anlass nehmen, die Labore Feragen und Laboklin anzuschreiben. Die bislang erstellten „Befunde“ und „Interpretationen“, welche die Genmutation mit der Rasse der Kromfohrländer in Verbindung bringen und gebracht haben, sind alle zu korrigieren und erneut an die Auftraggeber/Hundebesitzer zu versenden. Analog ist mit den Internetpräsenzen zu verfahren.

1. Vorsitzender
P.S. OMIA ist die international anerkannte Datenbank bzw. Datensammlung zum Thema Erbkrankheiten und den dazu durchgeführten Studien. Sie wird von der Sydney School of Veterinary Science, Universität von Sydney, geführt und gepflegt.